Patienten berichten oft über Konzentrations- oder Gedächtnisdefizite (kognitive Defizite). Oft besteht eine grosse Unsicherheit bezüglich der Einordnung dieser Defizite. Die Ursachen können sehr vielfällig sein: Von psychischen Einflüssen wie z. B. deprimierter Grundstimmung durch Stress, über Durchblutungsstörungen im Gehirn, bis hin zu einer dementiellen Entwicklung oder Vitaminmangel durch Mangelernährung.
Um die kognitiven Defizite genauer einordnen zu können, sind verschiedene Untersuchungen notwendig. Neben einer körperlichen Untersuchung, einer Bestimmung der Laborwerte (Blut, Urin), einer neurologischen Untersuchung, einer Bildgebung (MRT, CT) ist oft eine neuropsychologische Untersuchung notwendig.
Befragung (Anamnese)
Der Neuropsychologe führt zuerst eine detaillierte Befragung (Anamnese) durch, wo genaustes erfragt wird, welche Defizite seit wann in welchem Ausmasse auftreten. Dabei ist meistens auch eine Befragung der Angehörigen (Fremdanamnese) unerlässlich, weil die betroffenen Patienten oft Mühe bekunden die eigenen kognitiven Defizite adäquat wahrzunehmen. Zudem sind es oft die Angehörigen, welche die ersten Anzeichen der kognitiven Defizite bemerken.
Kognitive Tests
Im Anschluss an die Anamnese werden die einzelnen kognitiven Leistungen (Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Reaktionszeit, Wahrnehmung, Planung von Handlungen, Sprache) detailliert untersucht. Die neuropsychologischen Tests sind meistens sehr abstrakt, können jedoch relativ genau messen, ob und in welchem Ausmass eine bestimmte Hirnleistung betroffen ist. Dabei werden die verschiedenen kognitiven Leistungen weiter in Teilbereiche unterteilt. So wird beim Gedächtnis z.B. unterschieden, ob eine Störung des Kurzzeit- oder des Langzeitgedächtnisses vorliegt und ob verbale oder visuelle Gedächtnisanteile betroffen sind. Die kognitiven Tests werden mündlich, mit sogenannten Papier-Bleistift-Tests und mit computergestützten Verfahren durchgeführt.
Kognitives Profil
Je nachdem welche kognitiven Leistungen in welchem Ausmasse betroffen sind, entsteht bei jedem Patienten ein unterschiedliches kognitives Ausfall-Profil. Anhand dieses Musters kann der erfahrene Neuropsychologe Rückschlüsse über mögliche Ursachen ziehen. So unterscheidet sich ein typisches Ausfallprofil eines Alzheimer-Patienten deutlich von einem Patienten, welcher im Rahmen einer Depression unter kognitiven Defiziten leidet. Anhand der Angaben der Patienten, der Beobachtungen während der Untersuchung sowie der Test-Befunde kann z.B. auch beurteilt werden, ob die Gedächtnisdefizite «echte» Gedächtnisdefizite sind, oder ob diese möglicherweise durch eine Aufmerksamkeitsstörung oder durch andere kognitive Defizite bedingt sind, resp. mit beeinflusst werden.
Dauer / Auswertung
Eine neuropsychologische Untersuchung (Befragung und Durchführung der Tests) dauert je nach Fragestellung und Alter des Patienten zwischen 1 ½ und 4 Stunden. Die Auswertung der Testresultate erfolgt mit Hilfe von statistischen Berechnungen. Dabei müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. So wird bei praktisch allen Testverfahren das Alter mitberücksichtig. Zudem werden bei vielen Tests zusätzlich das Geschlecht sowie die Schulbildung mitberücksichtigt. Das bedeutet, dass z.B. ein 35-jähriger Mann in einem Test deutlich mehr leisten muss als ein 85-jähriger Mann. Bei den Testverfahren, welche die Schulbildung miteinfliessen lassen, geht es darum, dass z.B. eine 40-jährige Frau mit Hochschulstudium eine bessere Leistung erbringen muss im Vergleich zu einer 40-jährigen Frau, welche «nur» die Grundschule absolviert hat.